Als ich das Gartentor hinter mir geschlossen hatte, blieb ich stehen. Mein Vater erzählt mir in seinem Schrehbergarten vom Imperrehtor und der Rehinkarnation. Als ich meinen Autoschlüssel aus der Tasche holte und den Knopf zur Entriegelung drückte, musste ich nochmal auflachen. Es war ja nicht das erste Mal, dass er derartige Dinge behauptete. Wobei diese Geschichte jetzt ohne Zweifel den ersten Platz in der Absurditätsliste einnimmt. Und die Hingabe, mit der er es erzählt hat… Ich war wirklich erstaunt. Als ich mir den Gurt anlegte und losfuhr, dachte ich zurück an meine Kindheit. An ihn, an meine Mutter. An Elisa. In den Sommern waren wir immer tagelang durch die Wiesen und Felder gewandert. In den ersten Jahren zu viert, dann plötzlich zu dritt und schliesslich nur mehr zu zweit. Mein Vater war irgendwann einfach zuhause geblieben. Uns Kindern hatte er erzählt, dass es wegen der Arbeit sei. Aber das glaubten wir ihm damals schon nicht. Ich zumindest. Elisa hatte ihn immer mit ihren grossen Kulleraugen angesehen. «Okay, Papa. Aber wenn wir nachhause kommen, malen wir noch zusammen, ja?» «Natürlich, Kleines.» Natürlich, Kleines. Das war es, was er immer gesagt hat. Auch die Jahre danach, als Elisa schon nicht mehr klein war. Er hatte es irgendwie beibehalten. Und sie hat weiterhin darauf gehört. Bis dann…

Zwei, drei Monate nachdem mein Vater nicht mehr mitgekommen war, war dann auch meine Mutter zuhause geblieben. Elisa und ich sind dann nur mehr alleine in den Wiesen herumgetollt. Wir haben eigentlich seitdem nie wirklich darüber gesprochen, aber in diesem Sommer ist irgendetwas mit uns geschehen. Mit uns allen.

Schon bald darauf hat mein Vater mit den Dingen begonnen. Zuerst noch ganz kleine Sachen. Dass irgendjemand irgendwas gesagt hat. Und zwischen den Episoden waren auch immer lange Phasen, in denen er ganz normal war. Er war nur öfter abwesend als vorher. Aber gekümmert hat er sich weiterhin gut um uns. Wenn man vom Zeitfaktor absieht. Es wäre unfair, wenn ich sagen würde, er hat uns schlecht behandelt.

Von Spinnereien spreche ich bei ihm eigentlich erst in den letzten Jahren. Ich weiss nicht, ob das am Alter gelegen ist, aber irgendwann wurden die Dinge sprunghaft absurder. Bis er dann irgendwann erklärt hat, er glaubt jetzt, die Erde sei flach. Er hat mir zum Geburtstag ein Buch geschenkt: «Flat Earth Theorie» hat das geheissen. Ich habe dann recherchiert. Ein ganzer Haufen Verrückter ist das, am ganzen Planeten verteilt, die zwanghaft versuchen, wissenschaftlich zu beweisen, dass die Erde eine Scheibe ist.

Da war es mir dann genug. Ich hab ein bisschen im Internet recherchiert und einen Doktor gefunden, der sich mit solchen Dingen auskennt. Er hat von einem Serum gesprochen, das er vor kurzem entwickelt hat. Die Erkenntnisse hat er von einem langen Indien-Aufenthalt mitgebracht, hat er geschrieben. Ich war mir ja anfangs nicht sicher, ob man ihm vertrauen kann. Aber nach einem langen Gespräch habe ich mir gedacht, man sollte ihm eine Chance geben. Er hat meinen Vater dann mit diesem Serum geimpft. Seitdem, so habe ich gedacht, ist er rehsistent gegen diese Arten von Blödsinn. Aber anscheinend habe ich mich da getäuscht.

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